Organisationen entwickeln

Wenn wir über lernende Organisationen und Agilität sprechen, reden wir über Organisationsentwicklung. Das eine gibt es nicht ohne das andere. Das umfasst zum einen eine systemtheoretisch begründete Form der Gestaltung von Unternehmen wie auch generell das Thema Lernen in einer Organisation sowie Wissensmanagement usw. Jedoch stellt sich eine zentrale Ausgangsfrage:

Warum helfen uns die Fortschritte der letzten 20 Jahre durch die Agilität in Unternehmen so wenig dabei, eine lernende Organisation zu schaffen?

Meine These dazu lautet:

Eine lernende Organisation ist eine agile Organisation!
Aber:
Eine agile Organisation ist nicht notwendiger Weise eine lernende Organisation!

Die Konzepte der Agilität und der lernenden Organisation basieren beide auf grundlegenden Werten, orientieren sich an Prinzipien und werden durch die Anwendung von Praktiken umgesetzt. Diese unterscheiden sich jedoch voneinander.

Agilität ist ein Konzept zur Umsetzung komplexer Aufgaben. Komplexe Aufgaben zeichnen sich dadurch aus, dass sie vorab nicht vollständig planbar sind. Die Anforderungen sind (zu Beginn) unvollständig. Meist werden die Anforderungen im weiteren Analyseprozess weiter verfeinert und erweitert. Daher basieren agile Konzepte auf dem Einsatz unterschiedlicher Rückkopplungsschleifen, um ein erfolgreiches Produkt zu erstellen. Damit ist das Lernen jedoch stark projekt- bzw. teamspezifisch.

Lernende Organisation ist ein Konzept, um eine Organisation in einem volatilen Umfeld anpassungsfähig und damit überlebensfähig zu machen. Eigene Innovationen oder die der Konkurrenten sorgen für revolutionäre Veränderungen. Damit verändern sich Anforderungen grundsätzlich. Die Organisation lernt als Ganzes.

Agilität ist eine systemtheoretisch begründete Antwort auf die Frage nach der Umsetzung komplexer Unterfangen. Daher gelten die agilen Prinzipien auch bei der Einführung und der Weiterentwicklung von Agilität in Unternehmen. Organisationsentwicklung ist aber bedeutend mehr als ein Konzept zur Umsetzung. Es geht um die Fragen, was eine Organisation ausmacht, was stabile Elemente sind und wo Veränderungen hilfreich sein können.

Wir brauchen bei den Antworten nicht perfekt zu sein. Gut genug ist es nach Herbert A. Simon bereits, wenn durch die Mitglieder der Organisation passende Entscheidungen getroffen werden können. Eine vollständige Transparenz des Unternehmens ist dafür gar nicht notwendig. Nichtsdestotrotz geht es bei Organisationsentwicklung im Kern darum, blinde Flecken in der Beobachtung des eigenen Unternehmens sowie des Marktes und Tabus in der Kommunikation zu erkennen, zu bewerten und daraus Ansätze zur Verbesserung abzuleiten.

Dies ist ein regelmäßiger Anpassungsprozess. Es geht dabei nicht, wie bei so vielen externen Beratungskonzepten, die Gegenwart und Vergangenheit abzuwerten und der Organisation ein überhöht positives Zukunftskonzept überzustülpen. Vielmehr geht es darum, einen von innen ausgelösten, kontinuierlichen Lern- und Verbesserungsprozess zu etablieren. Es gilt, eine lernende Organisation zu entwickeln. Externe Experten werden dabei bei Bedarf hinzugezogen, um z. B. Prozesse zu unterstützen und Know-how aufzubauen.